Rückblick auf das Festival der Philosophie im März 2014

Rückblick auf das Festival der Philosophie im März 2014

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Fotos von Isabel Winarsch

Wie bitte geht Gerechtigkeit?

Wie bitte geht Gerechtigkeit? Diese spannende Frage stand im Mittelpunkt des 4. Festivals der Philosophie. Es fand vom 13.03. bis zum 16.03.2014 in Hannover statt und wurde von der Leibniz Universität Hannover und der Landeshauptstadt Hannover veranstaltet. Da das Thema Gerechtigkeit Kinder und Jugendliche genauso sehr wie Erwachsene beschäftigt, hat die Kulturelle Kinder- und Jugendbildung der Stadt Hannover auch Kinder und Jugendliche in das Nachdenken über Gerechtigkeit einbezogen und bot verschiedene Möglichkeiten zur Beteiligung an.

Kontakt: Anette Klecha  Tel. 0511 - 168 40656 anette.klecha@hannover-stadt.de

Schon im Vorfeld des Festivals gab es Veranstaltungen, die Schulklassen und andere Gruppen einluden, sich mit den unterschiedlichsten Aspekten des Themas ‚Gerechtigkeit‘ auseinandersetzen. Diese Arbeiten wurden am 14.03.14 im Freizeitheim Vahrenwald im Rahmen eines Festivaltages für Kinder und Jugendliche gezeigt.
 

Festivaltag für Kinder und Jugendliche im Freizeitheim Vahrenwald

Das Programm des Festivaltages für Kinder und Jugendliche im Freizeitheim Vahrenwald umfasste neben der Präsentation der eingereichten Arbeiten in der Kinderkulturwerkstatt, einer Schreibwerkstatt mit Sabine Meyer, der philosophischen Talkshow ‚Hausarrest für Deutschland’ mit Anette Klecha auch eine ganze Reihe von verschiedenen Mitmach- und Spielstationen rund um das Thema Gerechtigkeit. Etwa 120 Kinder und Jugendliche und 10 Erwachsene waren am Festivaltag für Kinder und Jugendliche im Freizeitheim Vahrenwald zu Gast. 

Zwei Ereignisse am Festivaltag für Kinder und Jugendliche im fairKauf 

Parallel zum Programm im Freizeitheim Vahrenwald gab es am Festivaltag für Kinder und Jugendliche bei fairKauf zwei Ereignisse zu erleben: zum einen die Premiere des von SchülerInnen hergestellten Films Verkaufen vs. Fairkaufen - Wie bitte geht Gerechtigkeit? und zum anderen die feierlich von Bürgermeister Bernd Strauch eröffnete, von SchülerInnen erarbeitete Fotoausstellung ‚Gerechtigkeit im Straßenbild‘.60 Gäste nahmen an der Eröffnungsveranstaltung im fairkauf teil.Beide bei fairKauf präsentierten Projekte wurden schon im Vorfeld des Festivals erarbeitet. 

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Fotos von Isabel Winarsch

Talkshow in Vahrenwald

Die Philosophische Talkshow 'Hausarrest für Deutschland'

Stellen Sie sich vor, sie läsen in der Zeitung eine Nachricht, die nicht nur ihr Leben, sondern das Leben der gesamten Bevölkerung Ihres Heimatlandes völlig verändern könnte, z. B. einen Artikel mit dem Titel: Hausarrest für Deutschland  Regierung plant klimafreundliches Reisegesetz: Kein Flugverkehr mehr für touristische Zwecke – Begrenzung der Autokilometer auf 3000 km pro Kopf und Jahr.’

Ein durch einen fiktiven Zeitungsartikel eingeleitetes Gedankenexperiment bildete den Ausgangspunkt für die philosophische Auseinandersetzung, die als Talk-Show inszeniert war. Nachdem sich jedes Kind mit Hilfe einer vorbereiteten, knappen Rollenkarte in eine andere Person verwandelt hatte, gab es zwei von Anette Klecha moderierte Gesprächsrunden, in denen lauter interessante Leute sehr unterschiedliche Standpunkte darstellten und verteidigten.

Es hat sich wieder einmal bestätigt, dass Kinder und Jugendliche zu den großen Fragen des Lebens eine Menge zu sagen haben – Kinder und Jugendliche können Philosophieren! Das bewiesen sie in der philosophischen Talkshow, die eine vielfältige Fülle von Gedanken, Vorschlägen und Überlegungen darüber zu Tage brachte, wie ein Gesetz aussehen müsste welches in gerechter Weise sowohl für die jetzt Lebenden wie für die Nachgeborenen regelt, wie mit der Erde und ihren Ressourcen umzugehen ist. Alle Beteiligten waren mit Feuer und Phantasie aber auch mit Konzentration, Disziplin bei der Sache.

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Fotos von Isabel Winarsch

Mitmachaktionen und Spielstationen

„Gerechtigkeit gibt’s doch gar nicht!“ -Von Nudeln, neuen Gesetzesideen und bunten Bällen - ein Tagesbericht

von Laura Marie Reeke und Henrike Wedekind

Wir sind Henrike und Laura. Von August 2013 bis August 2014 haben wir beide ein FSJ Kultur in der Stadtteilkulturarbeit gemacht. Im Rahmen des Festivals der Philosophie haben wir am Kindertag im Freizeitheim Vahrenwald verschiede Mitmachaktionen zum Thema „Wie bitte geht Gerechtigkeit?“ angeboten. Auf die Minute genau haben wir die Geschehnisse festgehalten:

Hannover-Vahrenwald, 14.03.14

08:30   Treffen. Eile. Letzte Vorbereitungen. Tische zurechtrücken, Wäscheleinen aufhängen,  Stifte bereitlegen.

08:51   Startklar. Gähnende Leere – die Ruhe vor dem Sturm.

09:00   Kinder stürmen ins Obergeschoss, stürzen sich auf die Mitmachaktionen. Jacken liegen wie wild herum.

09:16   Emma und Tim ergreifen die Stifte und bringen ihre Gesetzesideen zu Papier: „Afrika soll mehr Essen bekommen!“ Von „Süßigkeiten für alle“ über Umwelt- und Naturschutz bis hin zu höheren Löhnen und „mehr Gerechtigkeit für Ausländer“ war alles dabei.

09:25   Drei Kinder stehen vor dem Becken gefüllt mit bunten Bällen. Lisa wirft ihren Ball in die Röhre mit der Aufschrift „Ja“. „Gibt es überhaupt Gerechtigkeit?“ liest Tom vor. „Ich versteh gar nicht warum so viele Bälle in der „Ja“-Röhre sind, Gerechtigkeit gibt’s doch gar nicht. Mein Ball kommt in die „Nein“-Röhre.“

09:34   Eine Gruppe tummelt sich um das Gerechtigkeits-Memory. Ayah deckt eine Karte auf. „Kinder haben in der Öffentlichkeit wenig Mitspracherecht“, liest sie vor. Nachdenken, Karten aufdecken, diskutieren, Karten wieder umdrehen. „Ich hab’s. Hier ist das dazugehörige Kärtchen!“, ruft Luis. „Die Meinungen und Ideen von Kindern werden mehr berücksichtigt.“

09:43   „Wozu sind die ganzen Becher mit den Nudeln da?“ Lukas dreht sich fragend zu den vier Pappfiguren an der Wand. „Hast du das nicht verstanden, du musst doch einfach die Nudeln aus deinem Becher gerecht an die Figuren verteilen. Dafür musst du dir ihre Steckbriefe durchlesen.“, erklärt Tobi. Anna hat mitgehört. „Wir geben alle unsere Nudeln an Oli, der ist noch ein Baby und muss groß und stark werden.“ „Nein, guck dir mal Roberts Steckbrief an, der hat riesen Hunger und muss auch noch seine Familie ernähren. Also ich gebe dem meine Nudeln!“

09:57   Elena braucht Hilfe ihr selbstgemaltes Bild (siehe links) auf die Leine zu hängen. Alles ist schon voller bunter Bilder, die gerechte und ungerechte Situationen darstellen. Und es werden immer mehr.

10:12   Bobby kommt angelaufen. „Ich will auch so eine Umfrage ausfüllen, die sind alle.“ Hastig runterlaufen, neu ausdrucken, kopieren. „Na endlich!“ Er liest sich die Fragen durch. „Du hast ja geschrieben, dass man immer alles teilen muss, Anna! Das stimmt ja gar nicht… man muss nicht immer alles teilen, man muss sein eigenes Essen ja auch mal selber essen.“ Angeregte Diskussion. Yasemine beugt sich über Annas Zettel. „Ich finde nicht, dass Paul mehr vom Preisgeld bekommen sollte, nur weil er die Idee hatte, die zum Sieg geführt hat.“

10:40   Verschnaufpause, alle Kinder sind bei der Talkshow im großen Saal. Stifte aufsammeln, aufräumen, herumliegende Rucksäcke beiseite legen.

12:08   Die Kinder verlassen den großen Saal. „Also ich werden meinem Papa sagen, dass er nicht immer das Auto nehmen soll. Sondern auch mal Fahrrad fahren sollte.“, sagt Paul. „Wenn du ihm erzählst, dass sonst immer mehr Tiere sterben, dann macht er das bestimmt.“ Da ist sich Lea ganz sicher.

12:11   Hektik. Lehrer versuchen ihre Schüler zusammen zu trommeln. Jacken anziehend werden letzte Umfragen ausgefüllt, Gesetze geschrieben und Nudeln verteilt.

12:29 Letzte Schritte verhallen. Stille. Chaos.
Fazit: Alles in allem hat dieser Vormittag gezeigt, dass Kinder mit Spaß und großem Interesse über das Thema „Wie bitte geht Gerechtigkeit?“ nachdenken. An allen Stationen wurde diskutiert, eigene Meinungen gebildet und andere hinterfragt. Es wurden Ideen geäußert und Gedanken ausgetauscht.                                                                                                                                                   Die Tatsache, dass 121 Kinder in 188 Minuten 148 Gesetzesideen zu Papier gebracht haben, spricht für sich. Wäre die Welt ein gerechterer Ort, wenn Kinder regieren würden? Herausfinden werden wir es wahrscheinlich nie

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Fotos von Isabel Winarsch

Ausstellung Philosophisches Klassenzimme

Die Ausstellung ‚Das Philosophische Klassenzimmer‘

Die in der Ausstellung ‚Das Philosophische Klassenzimmer‘ präsentierten Arbeiten der Schülerinnen und Schüler machten deutlich, wie stark das Thema ‚Gerechtigkeit‘ auch Kinder und Jugendliche berührt. Es wurden zahlreiche Vorschläge gemacht wie die Welt gerechter gemacht werden könnte, es wurden Entwürfe gemacht für neue Gesetze und Regeln, Utopien aufgestellt, wie die Welt gerechter sein könnte, wenn Kinder in einer Hälfte der Welt bestimmen dürften und an dem Beispiel zweier Familien aus Afrika und Europa vor Augen geführt, wie z.B. die ungleiche Verteilung von Geld und Nahrung zu großer Ungerechtigkeit führt.

 

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Fotos von Isabel Winarsch

Das Schulprojekt

Das Schulprojekt ‚Sind Gesetze immer gerecht?‘

Unter Anleitung von Celina Diroll und ihrer Lehrerin Frau Hadzibrahimovic erarbeiteten die Schülerinnen und Schüler eines Werte und Normen-Kurses der Klasse 5 der Herschel Schule Problemstellungen von Themen, die besonders die Lebenswelt der Schüler betreffen, und formulierten ihre Verbesserungsvorschläge. Am Ende der Projektreihe gab es eine schön gestaltete Sammlung von Vorschlägen für einen gerechteren Umgang miteinander, die ebenfalls in der Kinderkulturwerkstatt des Freizeitheims Vahrenwald präsentiert wurden.

 

 

 

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Foto von Isabel Winarsch

Philosophische Schreibwerkstatt

Die philosophische Schreibwerkstatt ‚Wenn es gerecht zuginge?‘

In der philosophischen Schreibwerkstatt ‚Wenn es gerecht zuginge?‘, die Sabine Meyer leitete, diente ein „Brainstorming“ zur Frage „Was bedeutet eigentlich „gerecht“ ?" als Einstieg, bevor die SchülerInnen schriftlich eine Beispielsituation aus ihrer eigenen Erfahrung aufschrieben. Der anschließende Austausch führte zu spannenden Fragen bzw. Teil-Erkenntnissen, z.B. dass gerechtes Handeln auf Regeln basieren kann oder auf dem eigenen Gewissen – und damit eher einem inneren, erlernten Regelsystem.

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Foto von Isabel Winarsch

Projekt Hildesheim

Das Projekt: Was heißt das eigentlich ‚gerecht‘?

Eine Gruppe von Kindern aus dem Kinder- und Jugendtreff „Klemmbutze“ in Hildesheim hat sich unter der Leitung von Teelke Heuer mit dem Thema „Was heißt das eigentlich … gerecht?!“ beschäftigt.

Im Rahmen des Projektes trafen sie sich einen Monat lang wöchentlich, um zu reden, sich Fragen zu stellen, Szenen zu entwerfen und um sie wieder zu verwerfen, um sich auszuprobieren und – um zu philosophieren. Was heißt das denn eigentlich: gerecht? Was ist gerecht und was ist ungerecht? Und wie würde eigentlich eine Welt aussehen, die von Kindern regiert wird… und wie und warum wäre sie gerecht(er)?

Als Endprodukt des Projekts ist ein fünfminütiger Film entstanden, in dem Video- und Audiosequenzen zu sehen und zu hören sind. Der Film wurde während des Festivaltages in der Kinderkulturwerkstatt des Freizeitheims Vahrenwald gezeigt.

 

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Fotos von Isabel Winarsch

Im Vorfeld des Festivals

Die Projekte im Vorfeld des Festivals erreichten etwa 270 Kinder und Jugendliche. Zusammen mit den beteiligten Lehrern, Dozenten und Projektbetreuern haben sich insgesamt etwa 400 Menschen mit dem Thema Gerechtigkeit anlässlich des Festivaltages für Kinder und Jugendliche auseinandergesetzt. Die Ergebnisse wurden auch während des Festivaltages in der Kinderkulturwerkstatt des Freizeitheims Vahrenwald gezeigt.  

Das Fotoprojekt ‚Gerechtigkeit im Straßenbild‘

Daran teilgenommen haben Schülerinnen der gymnasialen Oberstufe der St. Ursula-Schule; fachlich begleitet wurden sie von Liane Vogelsang (St. Ursula- Schule), Detlef Klein, Annika Kohlmann und Reinhold Fahlbusch (fairKauf). Folgende Fragen waren leitend für die Auseinandersetzung mit dem Thema und die Suche der Motive: Welche Signale gibt uns das Straßenbild im Hinblick auf vorhandene oder fehlende Gerechtigkeit? Was nehmen wir wahr? Wie können wir es darstellen. Was sagt es uns? Wozu werden wir aufgefordert? Im Rahmen des Festivaltages der kulturellen Kinder- und Jugendbildung wurde auch die Fotoausstellung im fairKauf feierlich eröffnet.

 Der Film ‚Verkaufen vs. Fairkaufen - Wie bitte geht Gerechtigkeit‘

Er wurde produziert von den SchülerInnen der Rosa-Parks-Schule unter Anleitung von Cara Cahusac und Andreas Nodewald. Er wurde sowohl im fairKauf als auch im Künstlerhaus, der Festival-Zentrale, über den ganzen Zeitraum des Festivals im Foyer gezeigt. Der Film war auch nach dem Festival noch eine längere Zeit in der Schaufensterpassage des fairKauf-Hauses in der Innenstadt zu sehen. 

Das Schulprojekt ‚Sind Gesetze immer gerecht?‘

Ohne Gesetze funktioniert das Zusammenleben in einer Gemeinschaft nicht. Aber manche Gesetze sind so ungerecht!  (mehr dazu  siehe oben) 

Workshops: Alles gerecht beim Einkauf? und Mein Freund der Baum

In den Philosophier-Werkstätten zum Themenbereich Konsum und Naturverbrauch wurden Fragen nach dem eigenen Konsumverhalten gestellt und dies ins Verhältnis zum Gerechtigkeitsempfinden gesetzt. Unter der Leitung von Sabine Meyer diskutierten die Schüler/-innen ihre Gedanken über die ungerechte Aufteilung des Gewinns am Beispiel 'Turnschuhe' – und darüber, wie dies gerechter wäre. In einem anderen Beispiel stand der Schutz der Bäume vs. eigener Papierverbrauch im Zentrum der philosophischen Betrachtung. Den Abschluss beider Themen-Werkstätten bildete die Frage nach eigenen Handlungsmöglichkeiten.